Auditorische Neuropathie

Wie wirkt sich die auditorische Neuropathie auf das Gehör aus?

Es gibt Fälle, in denen der offensichtliche Hörverlust nicht auf eine Fehlfunktion des Ohrs, sondern auf Veränderungen im peripheren Nervensystem zurückzuführen ist. Ein solcher Fall ist die auditorische Neuropathie, eine Erkrankung, die den Prozess der Interpretation von Tönen und Geräuschen verändert und dazu führt, dass Wörter falsch verstanden werden.

Was ist eine auditorische Neuropathie?

Bei Patienten mit einer auditorischen Neuropathie nimmt das Innenohr Töne zwar normal wahr, aber die Signalübertragung vom Innenohr zum Gehirn ist beeinträchtigt. Ursache dieser Pathologie ist eine Form der Degeneration oder Verletzung der Cochlea oder des peripheren Nervensystems, also der Nerven und Haarzellen, die Informationen an das zentrale Nervensystem weiterleiten. Die praktische Folge ist eine Beeinträchtigung der zeitlichen Kodierung von akustischen Reizen. Diese werden entlang des Hörnervs ständig „zu spät“ weitergeleitet und überschneiden sich mit unmittelbar vorangehenden oder nachfolgenden Signalen, was dazu führt, dass Töne nur schwer zu unterscheiden sind. Diese Pathologie macht 10 % aller Fälle von Taubheit aus.

Warum wird sie als Spektrumstörung definiert?

Bei der auditorischen Neuropathie handelt es sich häufig um eine Störung, die von Geburt an vorhanden ist. Da sie auftritt, bevor der Patient zu kommunizieren lernt, hat die schwere Beeinträchtigung des Sprachverstehens Folgen für die Sprachentwicklung; diese setzt in der Regel erst spät ein. Aus diesem Grund wird diese Erkrankung zum Spektrum der autistischen Störungen gezählt, d. h. zu den neurologischen Entwicklungsstörungen, die in erster Linie Sprache, Kommunikation und die soziale Interaktion betreffen. 

Typische Symptome der auditorischen Neuropathie

Die Symptome der auditorischen Neuropathie können sehr unterschiedlich ausfallen. Es kommt vor, dass audiometrische Untersuchungen, die von Betroffenen durchgeführt werden, gute Ergebnisse liefern, die denen von normal hörenden Menschen entsprechen. Doch obwohl die Betroffenen die Lautstärke der Töne korrekt hören können, nehmen sie Sprache als Kauderwelsch wahr und verstehen oft die Bedeutung von Wörtern nicht vollständig. In anderen Fällen kann die Neuropathie hingegen eine leichte bis hochgradige Schwerhörigkeit verursachen. 

Ursachen der auditorischen Neuropathie

Die Ursachen der auditorischen Neuropathie sind noch nicht geklärt. Es wird geschätzt, dass 40 % der Fälle eine genetische Veranlagung zugrunde liegt. Es wurde eine Reihe möglicher Auslöser gefunden, die für den Ausbruch der Krankheit ausschlaggebend zu sein scheinen, darunter eine Schädigung der Haarzellen (die den Schall in elektrische Impulse umwandeln, bevor sie ihn an das Gehirn weiterleiten), Läsionen des Hörnervs und Störungen in der Verbindung zwischen Haarzellen und Hörnerv. Obwohl der kausale Zusammenhang nicht nachgewiesen wurde, gibt es mehrere Risikofaktoren für Neuropathie bei Kindern, darunter Gelbsucht, Frühgeburt, niedriges Geburtsgewicht und Hypoxie.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Die korrekte Diagnose einer auditorischen Neuropathie erfordert je nach Einzelfall eine unterschiedliche Kombination verschiedener Tests. In der Regel wird eine Hirnstammaudiometrie ( BERA) zur Untersuchung der akustisch evozierten Potenziale mit einer Messung der otoakustischen Emissionen ( OAE) kombiniert, der anzeigt, ob die  für den Empfang von Schall verantwortlichen äußeren Haarzellen ordnungsgemäß funktionieren.

Hirnstamm-Reaktionstest

Eine der wichtigsten Methoden zur Diagnose eines Hördefizits ist die Hirnstammaudiometrie (BERA) zur Untersuchung der akustisch evozierten Potenziale. mit der die Empfindlichkeit, die Qualität und die Reaktionszeiten aller peripheren Sinnesnerven, einschließlich des Hörnervs, analysiert werden können.

Diese diagnostische Untersuchung kann auch bei Neugeborenen durchgeführt werden, da sie keine Mitwirkung des Patienten erfordert. Am Kopf des Patienten werden Elektroden angebracht, um die Gehirnströme zu messen. Dann werden ihm über einen Kopfhörer Hörreize in Form eines akustischen Signals gesendet.

Wird bei dem Test eine Schallempfindungsschwerhörigkeit festgestellt, muss der Arzt durch weitere Tests ihre Ursachen ermitteln, um sie dann durch geeignete Maßnahmen behandeln zu können. 

Prüfung der otoakustischen Emissionen

Mit der Messung der otoakustischen Emissionen (OAE) wird überprüft, ob die äußeren Haarzellen, die für den Empfang von Schall verantwortlich sind, richtig funktionieren. Bei Personen mit einer auditorischen Neuropathie kommt es zu einem veränderten Ergebnis bei der Hirnstammaudiometrie (BERA), aber zu normalen Werten bei der OAE-Messung, was darauf hindeutet, dass die Störung nicht durch beschädigte oder abgestorbene Haarzellen verursacht wird, sondern im peripheren Nervensystem liegt.

Tympanometrie und Stapediusreflexprüfung

Eine Tympanometrie ist eine Untersuchung, die wiederum aus zwei Tests besteht: Zuerst wird ein Tympanogramm erstellt, mit dem gemessen wird, wie elastisch das Trommelfell ist und wie stark sich die Gehörknöchelchen im Innenohr bewegen. Mit anderen Worten: Es misst den Widerstand, den das Mittelohr dem Durchgang der Schallwellen entgegensetzt. Der zweite Test ist die Stapediusreflexmessung, die Informationen über die Kontraktionen des Stapediusmuskels liefert. Dabei handelt es sich um einen sehr kleinen Muskel im Innenohr. Das Fehlen oder Vorhandensein des Stapediusreflexes ist ein wichtiger Hinweis für die Diagnose verschiedener Pathologien, einschließlich der Schallempfindungsschwerhörigkeiten.

Verhaltensaudiometrie

Bei Kindern ist die frühzeitige Erkennung eines Hördefizits entscheidend, damit schnell die notwendige Behandlung eingeleitet werden kann. Diesbezüglich bietet die Verhaltensaudiometrie eine Reihe von Techniken, mit denen die Hörfähigkeit von kleinen Kindern subjektiv beurteilt werden kann. Dazu werden reflexartige oder freiwillige Veränderungen ihres Verhaltens gegenüber Schallreizen beobachtet. Je nach Alter und Grad der Kooperation und Interaktion des Kindes können diese Tests unterschiedlich gestaltet werden, aber das Ziel ist immer dasselbe: die Ermittlung der Hörschwelle, d. h. des Schallreizes mit der geringsten Intensität, den der Patient wahrnehmen kann.

Bildgebende diagnostische Studien

Die Bildgebung bzw. diagnostische Bildgebung dient der Lokalisierung der Läsionen, die für die akustische Neuropathie verantwortlich sind. In den meisten Fällen sind diese in der Cochlea oder im Zentralnervensystem angesiedelt. Diese Untersuchung liefert zusammen mit der Bewertung der Veränderungen in den akustischen Potenzialen - die nicht durch den Grad des Hörverlusts gerechtfertigt sind - die Daten, die eine Neuropathie zuverlässig bestätigen können; andere Instrumente oder klinische Beobachtungen haben aufgrund der großen Vielfalt der beteiligten Pathologien keine definitive Aussagekraft.

Wie wird die auditorische Neuropathie behandelt?

Derzeit sind die Forscher noch auf der Suche nach einer spezifischen Therapie für Neuropathie. Was Prothesen und andere neuere Technologien anbelangt, laufen die Meinungen von Hörgeräteakustikern über deren Nutzen auseinander. Leider gibt es aktuell keine Tests, die bei der Ermittlung der besten Behandlung hilfreich sein könnten. Andererseits werden viele Fälle von auditorischer Neuropathie mit Cochlea-Implantaten behandelt, die aus einem Teil bestehen, der hinter dem Ohr platziert wird, und einem weiteren, der vollständig unter der Haut implantiert wird. Die damit erzielten positiven Ergebnisse sind mit denen bei typischen Fällen von hochgradiger Taubheit vergleichbar. Die Hörrehabilitation muss jedoch von Fall zu Fall beurteilt werden, in Abhängigkeit von der Physiopathologie und dem Schweregrad der Hörminderung.

Häufig gestellte Fragen zur auditorischen Neuropathie

Kann eine auditorische Neuropathie schlechter werden?

Bei einigen Kindern, die von Geburt an von einer Neuropathie betroffen waren, verbesserte sich der Zustand und sie begannen innerhalb von ein oder zwei Jahren zu hören und zu sprechen. Bei anderen blieb das Hörvermögen stabil, während es sich bei manchen verschlechterte und sogar Anzeichen einer verminderten Funktionsfähigkeit der äußeren Haarzellen auftraten. Bei Erwachsenen, die an einer auditorischen Neuropathie leiden, kann das Hörvermögen je nach den zugrunde liegenden Faktoren stabil bleiben, schwanken oder sich allmählich verschlechtern. 

Welche Aufgaben haben die Haarzellen?

Die inneren und äußeren Haarzellen sind Teil des Corti-Organs im Ohr und gehören zu den Sinnesrezeptoren, d. h. sie sind für die Umwandlung akustischer Informationen in Nervenimpulse verantwortlich. Bei der Geburt sind die Haarzellen in großer Zahl vorhanden. Sie können sich aber nicht regenerieren. Eine Schädigung der Haarzellen führt daher zu einer mehr oder weniger starken Hörminderung und somit zu einer Beeinträchtigung der Wahrnehmung von Tönen und Geräuschen sowie des Sprachverstehens. Diese Störung wird als Schallempfindungsschwerhörigkeit bezeichnet.

Wie kann man mit dem Kind kommunizieren?

Die auditorische Neuropathie im Kindesalter ist eine der häufigsten neurosensorischen Beeinträchtigungen, die das Leben eines Menschen einschränken kann. Die Kommunikation und der Umgang mit einem gehörlosen Kind beruhen hauptsächlich auf der Gebärdensprache. Darüber hinaus kann auch das Lippenlesen helfen, zu verstehen, was gesprochen wird. Deshalb ist es wichtig, dass das Schulpersonal und die Mitschüler die Wörter gut artikulieren und die Mund- und Zungenbewegungen betonen. Das erfordert die Mitarbeit aller und eine besondere Sensibilisierung im Vorfeld.

Kann die auditorische Neuropathie geheilt werden?

In Anbetracht der Art der Störung ist es derzeit nicht möglich, die geschädigten Haarzellen oder peripheren Nerven wiederherzustellen. In den letzten Jahren wird jedoch mit Stammzellen geforscht, die geschädigte Zellen ersetzen und sich als Hörrezeptoren spezialisieren sollen. Bisher werden im Rahmen dieser Forschungen nur Tierversuche durchgeführt. Es wird wahrscheinlich noch Jahre dauern, bis die Ergebnisse zur Behandlung von Taubheit beim Menschen eingesetzt werden können.
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