Dichotisches Hören

Was ist Dichotisches Hören?

Der Begriff „dichotisches Hören“ bezeichnet einen Test, der eine besondere Technik nutzt, um die kognitiven und Hirnfunktionen zu untersuchen. Er wird in der Psychologie und den Neurowissenschaften zur Erforschung der hemisphärischen Asymmetrie, der Aufmerksamkeit und des Bewusstseins eingesetzt. Der Test ist sehr einfach. Über einen Kopfhörer erhält die Testperson zwei gleichzeitige, aber unterschiedliche akustische Reize, einen auf das rechte und den anderen auf das linke Ohr. 

Auditive Integration

Der Test beruht auf dem Konzept der „auditiven Integration“. Dabei muss das Hörsystem unterschiedliche Signale, die gleichzeitig separat an die beiden Ohren gesendet werden, verarbeiten und in einem Prozess der sogenannten auditiven Integration vereinen.

Binaurale Trennung

In bestimmten Situationen soll der Patient während des Tests das in einem Ohr wahrgenommene Signal ignorieren und sich stattdessen auf das Signal im anderen Ohr konzentrieren.

Das geschieht durch binaurale Trennung. Das Gehör erfasst die Richtung und Lage der Schallquellen durch zeitliche und intensitätsabhängige Unterschiede der im jeweiligen Ohr wahrgenommenen Töne.   Diese Unterschiede werden im Gehirn verarbeitet, um die Lage der Schallquellen im Raum zu bestimmen. Es handelt sich um ein grundlegendes Phänomen für die Wahrnehmung der Richtung und wird in fortschrittlichen Audiotechnologien und audiologischen Tests genutzt.

Verschiedene Arten von dichotischen Hörtests

Emotionale Faktoren

Gemütszustände wie Angst oder Stress können die Fähigkeit, sich beim dichotischen Test auf ein bestimmtes Ohr zu konzentrieren, beeinträchtigen. Zum Beispiel könnte eine Person, die viel Angst empfindet, aufgrund der Hyperaktivierung ihres Nervensystems oder starker emotionaler Belastung Schwierigkeiten haben, sich auf ein bestimmtes Ohr zu konzentrieren.

Manipulation der Voice Onset Time (VOT)

Unter Manipulation der Voice Onset Time (Zeitpunkt, an dem die Stimme einsetzt) versteht sich die Änderung der zeitlichen Merkmale des auditiven Inputs, insbesondere die Änderung des Zeitpunkts, zu dem eine Stimme oder ein Ton hörbar wird. Zum Beispiel könnte der Zeitpunkt des Einsetzens einer Stimme gegenüber dem eines Hintergrundgeräuschs oder umgekehrt verzögert werden. Diese Manipulation kann nützlich sein, um zu untersuchen, wie das Gehirn akustische Signale in Abhängigkeit von der zeitlichen Reihenfolge der Schallquellen wahrnimmt und verarbeitet.

Neurowissenschaften

Dichotische Hörtests werden auch in der neurowissenschaftlichen Forschung verwendet. Sie können insbesondere zur Untersuchung der Lateralisierung der Sprache verwendet werden, d. h. um die einzelne neuroanatomischen Strukturen bei der Wahrnehmung von Sprache und eventuelle Asymmetrien dieser Strukturen zu erforschen. 

Sprachverarbeitung

Das dichotische Hören kann auch zur Testung der hemisphärischen Asymmetrie der Sprachverarbeitung genutzt werden.

Insbesondere kann es verwendet werden, um zu untersuchen, wie das Gehirn Sprache verarbeitet und ob erhebliche Unterschiede bei der Lateralisierung von Sprache bei den einzelnen Menschen existieren.

Zum besseren Verständnis dieser Definitionen muss zuerst die Bedeutung von „Lateralisierung des Gehirns“ geklärt werden. Das menschliche Gehirn ist die zwei Hälften geteilt – die linke und die rechte Hemisphäre – die durch den sogenannten Balken (Corpus callosum) verbunden sind. Jede Hemisphäre hat spezifische kognitive Funktionen. Lateralisierung des Gehirns bedeutet, dass einige Funktionen in einer Hemisphäre dominanter sind als in der anderen.

Schizophrenie

Bei Schizophrenie können Menschen mit bestimmten Formen dieser Krankheit unterschiedliche auditive Lateralisierungsmuster aufweisen. 

Eine Studie mit besonderem Schwerpunkt auf Subtypen von Schizophrenie, insbesondere paranoider und undifferenzierter Schizophrenie, zeigte mit dichotischen Hörtests, dass Personen, die an paranoider Schizophrenie leiden, den größten Vorteil der linken Hemisphäre haben.

Dichotisches Hören und linke Hemisphäre

Das dichotische Hören ist eine nicht-invasive Technik zur Untersuchung der Lateralisierung des Gehirns bzw. hemisphärischen Asymmetrie. Sie zeigt eine Dominanz der linken Hemisphäre bei der Sprachverarbeitung.

Bei vielen Menschen dominiert die linke Hemisphäre des Gehirns bei der Sprachverarbeitung. Das bedeutet, dass hauptsächlich diese Hälfte des Gehirns für das Verständnis und die Produktion von Sprache verantwortlich ist. 

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Selektive auditive Aufmerksamkeit

Der Zusammenhang zwischen dichotischem Hören, auditiver Selektion und dem Cocktailparty-Effekt besteht vor allem in der Art, wie das Gehirn akustische Informationen in komplexen Hörsituationen wie einem lauten Fest oder einer Umgebung, in der viele Stimmen gleichzeitig ertönen, verarbeitet. 

Während es beim dichotischen Hören darum geht, gleichzeitig oder schnell hintereinander verschiedene akustische Reize in die beiden Ohren einer Testperson zu leiten, entspricht die auditive Selektion der Fähigkeit des Gehirns, sich in einer komplexen akustischen Umgebung auf ein spezifisches Geräusch oder eine Stimme zu konzentrieren.

Es handelt sich um den Prozess, der die Unterscheidung und die Fokussierung eines gewünschten Geräuschs ermöglicht, während andere Hintergrundgeräusche ignoriert oder unterdrückt werden. Dieser Prozess ist  die Grundlage dafür, sich in einer lauten Umgebung verstehen und interagieren zu können.

Der Cocktailparty-Effekt ist ein Beispiel für auditive Selektion. Es handelt sich um ein gängiges Phänomen in Situationen, die sich durch Menschenmengen oder Lärm kennzeichnen. Der Effekt zeigt sich bei Konzentration auf ein bestimmtes Gespräch oder Geräusch, zum Beispiel auf die Stimme einer einzigen Person, auch wenn viele andere Gespräche oder Hintergrundgeräusche zu hören sind. 

Historischer Hintergrund und Wissenschaftler

Die Modelle von Cherry und von Broadbent und das Abschwächungsmodell von Treisman sind drei wichtige Theorien im Bereich der akustischen und visuellen Wahrnehmung. Es existieren noch andere Modelle (zum Beispiel das Modell der aktiven Suche und das Modell der intermodalen Einflüsse), aber diese drei Theorien sind am bedeutendsten. 

  • Das Modell von Cherry, das auch als „Theorie des selektiven Filters“ bezeichnet werden kann, wurde 1958 von Donald Broadbent präsentiert und dann von Colin Cherry weiterentwickelt, dem Kognitionswissenschaftler, dem es seine Theorie und seine historische Anerkennung verdankt.  Dabei handelt es sich um eine Theorie der auditiven Wahrnehmung, die besagt, dass das menschliche Gehirn zu einem selektiven Filter wird und sich einen Kanal akustischer Reize sucht, während es andere Reize automatisch ignoriert. Dieses Modell erklärt, warum sich Menschen in  komplexen Hörsituationen auf eine einzige Stimme konzentrieren können (Cocktailparty-Problem).
 
  • Das Modell von Broadbent hingegen wurde nach dem Wissenschaftler Donald Broadbent benannt, der es in den fünfziger Jahren entwickelte, und wird auch als „Modell der abschwächenden Filterung“ bezeichnet. Auch hierbei handelt es sich um eine Theorie der auditiven und visuellen Wahrnehmung. Im Unterschied zum Modell von Cherry beruht sie jedoch auf folgender Theorie: Das Gehirn filtert auf „abgeschwächte“ Weise die Informationen, die aus nicht-selektierten Kanälen eingehen. Im Gegensatz zum vorherigen Modell werden die Informationen nicht komplett ausgeblendet, sondern in ihrer Intensität reduziert. 
 
  • Das dritte Modell geht auf Anne Treisman und das Jahr 1964 zurück. es handelt sich um eine Variante des Modells von Broadbent. Auch dieses Modell beruht auf dem Konzept der „Abschwächung“ und funktioniert genau wie das zuvor genannte Modell. Gemäß der Wissenschaftlerin Treisman kann die Aufmerksamkeit darüber hinaus je nach Relevanz der Informationen selektiv von einem Kanal zum anderen verlagert werden (wenn jemand zum Beispiel auf ein Gespräch konzentriert ist aber aus der Ferne seinen Namen hört, neigt das Gehirn dazu, seine Aufmerksamkeit schnell in die Richtung zu verlagern, aus der die Nennung des eigenen Namens vermutlich kam). 
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